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Die Sächsische Schweiz verkörpert ein landschaftlich einmaliges Gebiet. Die Landschaft ist einzigartig schön, ihr Ausmaß jedoch recht klein. Millionen Besucher aus aller Welt wollen diese Region kennenlernen. Das bedarf eindeutiger Regeln zu ihrem Schutz und ein auf die soziale und ökologische Situation abgestimmtes Verhalten von Touristen, Wanderern, Bergsteigern, Einwohnern und auch der in diesem Gebiet ansässigen Gewerbe, Betriebe und der Tourismusbranche.
Die IG Tourismussoziologie Dresden/Leipzig und Tourismusforscher an der Hochschule für Verkehrswesen Dresden führten im September/Oktober 1990 eine soziologische Studie im Gebiet der Sächsischen Schweiz durch. Befragt wurden Touristen, eine kleine Schar von Bergsteigern und 240 Einwohner hinsichtlich Ihrer Einstellungen und Auffassungen zum Nationalpark/Landschaftsschutzgebiet Sächsische Schweiz. Diese Studie - sie zählt ganz sicher zu den aktuellen sozialwissenschaftlichen Analysen, die in einer politisch sehr ereignisreichen Zeit erfolgten - hat verschiedene Verhaltensmerkmale unterschiedlicher sozialer Gruppen in der Region analysiert.
Nationalpark ist nicht nur Natur, sondern eine moderne gesellschaftliche Veranstaltung, die vielfältige soziale Aktivitäten einschließt und erfordert (vgl. J. Langer, Kla- genfurt, 1990, Studie zum Nationalpark Hohe Tauern).
Die Bereitschaft der Einwohner und auch Touristen wie auch der Bergsteiger an der Studie als Interviewpartner oder auch als Fachexperte teilzunehmen, war, von weni- gen Ausnahmen abgesehen, groß.
Die Stadt- und Gemeindeverwaltungen sowie die Landratsämter Pirna und Sebnitz unterstützten das Vorhaben. Unsere Ergebnisse widerspiegeln ein hohes Engagement der Einwohner und der in der Sächsischen Schweiz weilenden Touristen für den Schutz und die Bewahrung dieses landschaftlich reizvollen, aber ökologisch zugleich stark belasteten Gebietes. Die Ergebnisse der Studie sollten weiteres Nachdenken fördern und zu kommunalpolitisch ausgewogenen aber auch konzeptionell konsequenten Entscheidungen verhelfen.
Bedeutsam für Touristen sind die Wanderwege und die vielfältigen Varianten, Wanderungen unternehmen zu können. Die geringe Entfernung der Orte in der Sächsischen Schweiz zur Landeshauptstadt und die Möglichkeiten, diese in kurzer Zeitspanne erreichen zu können, schätzen 55 % der Befragten. Für 40 % der Touristen sind Ubernachtungsmöglichkeiten, die Verkehrswege und die Gastfreundschaft der Einwohner wichtig. Im Urteil der Touristen wie auch der Einwohner dominiert die Attraktivität der Landschaft, die vor allem durch die Felsen, Täler und Berge, das Elbtal und seine Nebentäler bestimmt wird.
Andere Urlaubs- und Lebensbedingungen in der Region sind nicht nebensächlich, aber sie erhalten im Urteil der Befragten nicht die gleiche Wertschätzung wie die Landschaft, die Felsen und die Berge. Also das, was Sächsische Schweiz unverwechselbar und einzigartig in der Welt macht, steht im Vordergrund.
Attraktivität der Landschaft dominiert im Urteil der Touristen ! |
Diese Region wird aufgesucht, weil sie landschaftlich reizvoll ist, viele abwechslungsreiche Wander- und Kletterwege aufweist und sich in der Nähe Dresdens befinden. Landschaft und Felsen, Wanderwege, Flora und Fauna und die Dörfer und Städte in dieser Region mit ihren Menschen und deren Traditionen sind das unbedingt Erhaltenswerte.
Die übergroße Mehrheit der Touristen, Wanderer und Bergsteiger mißbilligt ein Verhalten in der Sächsischen Schweiz, das der Verhaltensordnung und auch dem gesunden Menschenverstand widerspricht. Besonders kritisch werden das Verlassen der Wege, das Liegenlassen von Abfällen und das Fahren und Parken von PKW auf unerlaubten Wegen und Plätzen sowie unnötiger und störender Lärm bewertet.
Diese sehr lobenswerten Absichten und Vornahmen führen allerdings häufig noch nicht zu einem praktischen Verhalten, das den selbstgesetzten hohen Ansprüchen und Maßstäben für Verhalten konsequent entspricht.
Unsere Studie analysierte auch, wie Einwohner der Sächsischen Schweiz über das Bergsteigen denken. Die Mehrzahl der Einwohner ist der Auffassung, daß Bergsteigen/Felsklettrn die Attraktivität des Gebietes erhöht, auch gar nicht so gefährlich ist, wie es oft aussieht und wie es der Laie immer wieder vermutet. Auf unsere Frage, ob es stärker popularisiert werden sollte, reagierten sehr viele Einwohner strikt ablehnend. Bezahlte Bergführer sollte es auch nicht in unserem Gebirge geben.
In die realistische und umweltkritische Sichtweise der Einwohner und Touristen ordnet sich auch ihre Ablehnung gegenüber dem Bau von touristischen Luxuseinrichtungen einschließlich von Seilbahnen und Golfplätzen ein. Die Ausnahme als Einzelfall kann, wenn sie gut geprüft und demokratisch legitimiert ist, durchaus Akzeptanz fmden.
Ein herausragendes Problemfeld ist die Verkehrssitua- tion in der Region. 60 % der Einwohner fühlen sich durch Verkehrslärm, Abgase, die Verkehrsdichte und das aggressive Verkehrsverhalten von PKW-Führern sowie durch regelwidriges und störendes Parken belastet. Diese Ergebnisse sollten eine alarmierende Wirkung haben.
Die Attraktivität und die Qualität des Urlaubsgebietes wird durch den Freizeit- und Urlauberverkehr erheblich belastet.
Die in der vorliegenden Studie ausgewiesene große Be- reitschaft der Einwohner und Touristen (Bergsteiger im- mer mit eingeschlossen) ökologisch und sozial sinnvolle Entscheidungen treffen zu wolleln, widerspiegelt eine stark angewachsene Sensibilität für Umweltprobleme.
In der Studie "Sächsische Schweiz 90" plädieren des- halb auch 55 % der Einwohner der Region u.a. für eine Sperrung des Kirnitzschtales für den Durchgangs- und Freizeitverkehr.
Die Bereitschaft zu neuen, bisher ungeübten Entscheidungen ist ausgeprägt und verbreitet anzutreffen. Diese Situation gilt es für praktische Entscheidungen zu nutzen. Diese Chance ist aber vertan, wenn dringende Lösungen auf die lange Bank geschoben und durch allzu kleinliche und bürokratische Vorbehalte verzögert werden.
Verhalten sänderungen sind nicht nur durch Appelle und meinungsbildende Diskussionen zu erreichen, sondern auch durch abgewogene Entscheidungen, die allerdings mit konsequenten Restriktionen verbunden werden müssen.
Dringend ist die Erarbeitung eines Konzeptes, das in integrierter Weise auf die auftretenden differenzierten Interessen und Bedürfnisse vieler Bürger und Gruppen - der Einwohner, Touristen, Bergsteiger, der Tourismusbranche, der Industrie und der Gewerbe - reagiert.
Bergsteiger sind in besonderer Weise dem Schutz und dem Erhalt unserer Bergwelt verpflichtet. Damit diese Feststellungen nicht zur rethorischen Floskel verkommen, sind viele kleine und große Anstrengungen nötig. Unsere Studie will dazu einen Beitrag leisten.
Die Studie wurde von M. Rochlitz, M. Großmann unter Mitarbeit von F. Zschech und 5. Scharf erarbeitet. Studenten der Hochschule für Verkehrswesen "Friedrich List" Dresden waren als Interviewer erfolgreich am Projekt beteiligt.