SSI-Heft 2, Juni 1991 Startseite SSI

Golfplätze in der Sächsischen Schweiz- Fehlinvestition und Landschaftsveränderung zugleich?

Im Herbst 1990 wurde die Planung von Golfplätzen vom Tourismusamt des Landkreises Pirna noch heftig dementiert, wenige Wochen später bestätigte sich dies durch die vorgelegte Marketingstudie der beauftragten Münchner Firma "Fried & Partner": Für die Nationalpark Region waren 2-3 Golfplätze geplant.

Aber bevor wir uns eine Meinung bilden können, wollten wir uns erst einmal mit dem Golfsport an sich befassen, denn wer hat bei uns je Golf gespielt?

In Westeuropa hat der Nobelsport in entsprechenden Schichten eine ziemliche Verbreitung, dagegen dürfte das Potential der Golfspieler in Ostdeutschland gegenwärtig und auch zukünftig als minimal eingeschätzt werden. Wenn also von der Errichtung von Golfplätzen in Sachsen gesprochen wird, dürften die Gründe dafür nur die Einnahmen der erwarteten Anstürme von westlichen Touristen sein.

Aber hat man sich nicht schon im vergangenen Sommer mit der Zahl der kommenden westlichen Touristen verkalkuliert? Kamen nicht die meisten nur für wenige Tage nach Dresden und Umgebung?

Und der zweite Punkt: "Ein Golfplatz auf einer stillgelegten landwirtschaftlichen Fläche ist doch gut" hört man oft das Argument. Warum auch nicht, meinen wir. Wenn sich eine hiesige Gemeinde oder ein Privater das Risiko einer Fehlinvestition leisten kann . . .

Aber warum muss ein Golfplatz unbedingt in eine wertvolle Nationalpark-Region mit einer Kulturlandschaft und Felsenwelt, die einzigartig In Europa ist??? Mit einigen Gedanken und Details möchten wir die Problematik tiefer beleuchten:

Wie groß ist ein Golfplatz?

Der Flächenbedarf schwankt zwischen etwa 30 Hektar (das sind rund 1 km x 300 m oder vielleicht auch 550 x 550 m, z. B. beim Mai 1991 eröffneten zweiten öffentlichen Golfplatz Deutschlands in Kalkmar am Niederrhein, oder 85 Hektar (das sind z. B. rund 920 m x 920 m) wie z. B. beim exklusiven Golfclub Hubbelrath in Düsseldorf.

Ein Durchschnittsplatz von 50 Hektar (500000 Quadratmeter) verschlingt also immerhin die beachtliche Fläche von 68 Fußballfeldern... Letzterer Vergleich scheint des Nachdenkens wert.

Was folgen für landschaftliche Veränderungen?

In jedem Falle ist eine normale, vielleicht sogar naturbelassene Wiese das Letzte, was ein Golfplatz verträgt. Mit der vorgesehenen Fläche von rund 68 Fußballfeldern muß etwas passieren, denn der Golfspieler will es natürlich schön haben.

Die Eingriffe sind als sehr unterschiedlich zu bewerten.

Da gibt es gute Beispiele, wie z. B. der bereits erwähnte Golfclub Hubbelrath, der sogar viele Bäume gepflanzt oder künstliche Feuchtbiotope angelegt hat. Aber auch das krasse Gegenteil kommt vor, sogar die internationale Golfzeitschrift GOLFSPORT schreibt im Heft 4/91 über den Golfplatz Kosaido "Gut Römerhof": "Bei der Anlage des Platzes durch einen japanischen Architekten blieb kein Stein, kein Baum, kein Grashalm auf dem anderen und bei den Umweltschützern kein Auge trocken .. . Natürlich gibt es auf dem Platz einen raffinierten Fitness-, Kommunikations- und Gastronomiebereich". Man liest weiter: "Die Aufnahmegebühr beträgt 60000 DM . . :

Womit wir beim nächsten Punkt wären:

Was bezahlt man fürs Golfen?

Das Golf als Nobelsport gilt und auch nicht gerade billig ist, hört man recht häufig, aber was kostet es denn nun wirklich?

Wie bereits erwähnt, gibt es in Deutschland mit zwei Ausnahmen von öffentlichen Plätzen nur Golfclubs. Die Aufnahmebedingungen in einen Golfclub sind unterschiedlich, aber immer recht kostenintensiv. lm größten deutschen Golfclub zahlt man erst einmal eine Spende von 30000 DM, dann 2500 DM Aufnahmegebühr und 1500 DM Jahresbeitrag. Es geht natürlich in weniger prominenten Clubs sicher etwas billiger. Die Größenordnungen bleiben.

Was für uns der Jahresbettag von 60 DM im Sächsischen Bergsteigerbund ist, das ist für den Golfer gerade erst die Tagesgebühr, allerdings nur an Wochentagen. Am Wochenende kostet der Golftag um 90 bis 100 DM. Diese Zahlen geben Anlass zu behaupten, dass es in Sachsen auch zukünftig nicht allzu viele Golfer geben wird

Die Golf-"Nachfolgeeinrichtungen"

Wer es sich leiten kann, den Golfsport zu seinem Hobby zu machen, der wird sich sicher nicht in einem preiswerten Cunnersdorfer oder Schönaer Privatquartier "verkriechen".

Der gewohnte Komfort, teure Restaurants, Nachtbar usw. möchten schon sein und bald wird sich rege Bautätigkeit in dem exklusivtouristisch völlig unterentwickelten sächsischen Gebirge vollziehen müssen.

Und welcher Golfspieler kommt schon mit dem Zug? Große Parkflächen werden gebraucht. Oder auch ein mehrstöckiges Parkhaus, gleich am Zirkelstein, in direkter Nähe zum (noch immer?) geplanten Golfplatz?

Wird das Ganze nicht eine Fehlinvestition mit Schaden für die Gemeinde und die Natur zugleich?

Eine Frage haben wir noch nicht betrachtet. Ist ein Golfplatz in der Sächsischen Schweiz überhaupt rentabel? Und sofern überhaupt ein Gewinn entsteht, wer profitiert davon?

Der Gewinn des Platzes (falls dieser Fall eintreten sollte) wird ganz sicher in die Tasche des privaten Besitzers fließen, ebenso die Gewinne des Hotelgeschäfts. Die Gemeinde hofft auf Steuerannahmen und kommende Gäste.

Dabei bleibt zu hoffen, dass sich die betreffende Gemeinde nicht hinreißen lässt, sich finanziell am Golfplatz beteiligen zu wollen oder sogar das Risiko zu tragen. Denn es erscheint als sehr wahrscheinlich, dass ein Golfplatz in der Sächsischen Schweiz eine krasse Fehlinvestition wird. Die o. g. Tagespreise oder Golfclubgebühren sollten sie auch hierzulande etwas geringer sein, zeigen, dass das einheimische Golfpublikum sicher sehr dürftig ausfallen wird. Denn die Ausrüstung kostet auch einiges ...

Als Einnahmequelle betrachtet man deshalb vor allein die westlichen Golf Touristen. Doch werden diese in solchen Scharen in die Sächsische Schweiz kommen?

Locken der Golfspielerin seinem Urlaub nicht eher die südlich warme Sonne von Portugal, Südafrika oder Hawaii? Kommen nicht eher Berg- und Naturliebhaber, Wanderer und Bergsteiger in die Sächsische Schweiz?

Auch ist die Saison relativ kurz. Ganzjähriger FDGB Urlaub ist vorbei, und wenn selbst im Schweizer Nobelkurort St. Moritz nach der Skisaison bis zum Beginn des Juni ziemliche Touristen-Flaute herrscht, wird die Touristensaison in der Sächsischen Schweiz zukünftig auch nicht vor Juni beginnen

Und spätestens Ende September ist Schluss, denn ab Oktober zieht es den Golfer doch lieber in den warmen herbstlichen Süden. Bleiben also maximal 4 Monate Saison und echte Gewinnmöglichkeiten, dagegen 8 Monate finanzielle Stille.

Womit wir bei der Rentabilität eines Golfplatzes wären.

Im Ruhrgebiet lohnt sich das Geschäft durch einen der zwei öffentlichen Plätze. Die Golfzeitschrift schreibt aber: "Das Beispiel öffentlicher Driving Ranges oder Golfplätze zeigt, dass nur Masse das Geschäft macht" Und gerade die Masse wird in der Sächsischen Schweiz mit Sicherheit ausbleiben.

Man spekuliert also auf die Umwegrentabilität

Auch in den Alpen kennt man ähnliche Beispiele. In der Bergwelt/Alpin 11/89 kann man von der Diskussion einen Golfplatz in Sautens am Beginn des Ötztals folgendes Ergebnis der ökonomischen Analysen lesen:

"Bei mindestens 9000 finanzkräftigen Besuchern im Jahr können zwei bis drei Mio. Schilling erwirtschaftet werden, die Kosten belaufen sich jedoch gleichzeitig auf etwa 8 Mio. Schilling. Ein Golfplatz lohnt sich also nur in hochentwickelten Tourismusgemeinden mit dem entsprechenden zahlungskräftigen Publikum; das eingangs erwähnte Sautens erfüllt diese Bedingungen nicht"

Cunnersdorf oder Reinhardtsdorf-Schöna müssten also hochentwickelte Tourismusgemeinden mit Nobelhotels. Restaurantketten, großen Parkplätzen u.v.a. werden, sollte sich die Investition eines Golfplatzes lohnen.

Zum Abschluss

Man möge das völlige Fehlen des Arguments der gravierenden Landschaftsveränderung durch die Errichtung von Golfplätzen in einer Nationalpark-Region im letzten Punkt verzeihen. Dieses allein wurde schon bei weiten, ausreichen, um solcherart Flächennutzung zu verhindern.

Aber die ganze Problematik sollte euch ganz bewusst einmal von der rein ökonomischen Seite aus betrachtet werden, um selbst denen, die mehr ans Geld als an die Natur denken, die Zweifelhaftigkeit der geplanten Golfprojekte in der Sächsischen Schweiz vor Augen zu führen.



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